WarCraft 3 - aus der Sicht eines Warcraft-2-Spielers - 28.5.2002

von Filzlaus

Wie groß war doch die Freude, als bekannt wurde, dass es ein Warcraft 3 geben würde! Die Vorfreude ist die schönste Freude? Ja, der Spruch hat was. Immerhin kann man sich nun schon mehrere Jahre freuen, da der Release-Termin immer wieder und wieder verschoben wurde und wird. Vor wenigen Wochen war es dann nun endlich so weit, man konnte hinein schnuppern in den Nachfolger unseres geliebten Warcraft 2, die Beta-Phase zu Warcraft 3 begann. 

Und ohne Frage, schon ab dem Startmenü nimmt einen Warcraft 3 gefangen, es wird sofort eine Atmosphäre aufgebaut, welche Unterhaltung auf höchsten Niveau verspricht. Blizzardtypisch hat Warcraft 3 keine Mühe dieses Versprechen einzulösen ... Für mich als passionierten Warcraft 2 Spieler stellt sich nun die Frage, wird mein bisheriges Lieblingsspiel abgelöst? Bringt der Sprung von Warcraft 2 zu 3 die gleiche Steigerung von Spielspass mit sich, wie dies seinerzeit beim Wechsel von Warcraft 1 zu 2 war?  Mittlerweile wurde ich da je eher zur Skepsis erzogen. Zeigte doch der Sprung von Teil 2 auf die BNE, dass gesteigerter Komfort nicht unbedingt den Spielspass fördert – als Beispiel sei hier die damals neu eingeführte gemeinsame Sicht angeführt, ein Zugeständnis an die Bequemlichkeit einer neuen Generation von Spielern, schade.

Was bietet nun Warcraft 3 Neues?

Zuerst fällt einem da natürlich die Grafik ins Auge. Was hat sich doch innerhalb der paar Jahre getan, weg von den groben Pixelmustern, hin zu effektreichen Polygonzaubereien. Sicher tut vor allem die Präsentation ihren Teil, dass man sich sofort in Warcraft 3 wohl fühlt, man ist verzaubert. Und es dauert etwas bis man aufwacht. Doch dann kommen mehr und mehr die dreidimensionalen Schattenseiten zutage. Es ist eine sehr ernüchternde Feststellung, aber letztendlich stellt die Grafik von Warcraft 3 einen großen Schwachpunkt des Spieles dar. Natürlich ist alles so schön stimmungsvoll und detail- und effektreich sowieso, aber die Grafik-Engine leistet nicht dass, was in einem Strategiespiel wichtiger ist als Transparenteffekte und Texturzauber – es fehlt einfach die Übersicht. Aus der funktionalen Spielsicht heraus gibt es so gut wie keine Anhaltspunkte über das vorhandene dreidimensionale Gelände. Plötzlich bewegen sich halt die Einheiten etwas langsamer – man muss erst hineinzoomen, um zu sehen das sie gerade einen Steigung erklimmen. So sieht mancher Weg verlockend kurz aus und entpuppt sich dann als lange Berg- und Talfahrt. Da dies vorerst nicht ersichtlich ist, frustriert es schon etwas – man merkt halt doch, dass die „neue“ Grafik-Engine von Warcraft 3 schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Sie hat diesbezüglich absolute Darstellungsschwächen.

Nun gut, die Spielkarten und deren Geländemerkmale kennt man mit der Zeit. Enttäuschender sind da schon die gewöhnungsbedürftigen 3d-Einheiten. Blizzard hat sich durchaus bemüht diese nicht nur aufzusetzen, sondern sie wirklich in die Spielumgebung zu integrieren. Ein Punkt der sehr gut gelungen ist, wie ich finde. Schlichtweg miserabel ist aber die Unterscheidungsmöglichkeit von Freund und Feind, bei einem Zusammentreffen jener. Vor allem wenn es mehrere Freunde und Feinde der selben Rasse sind, fällt ein gezieltes Eingreifen und Reagieren sehr schwer.

Womit wir bei der Steuerung wären. Zeiten wo nur die Maus ausreichte und man eine Hand für stimulierende Tätigkeiten frei hatte sind wohl vorbei. Allerlei Steuerungsschnickschnack wurde für Tastaturquäler eingebaut. Letztendlich auch, um so den Mangel an Übersicht auszugleichen. Nach dem Motto: Du musst deinen Helden nicht anklicken können, sondern kannst ihn ja auf die Tastatur legen ... wohl dem der keine breiten Finger hat, ich hab zum Glück Klavierhände ;-).

Alles für mich bereits Punkte die nicht gerade Zuwachs an Spielspass bringen. Wobei man wohl aber auch mehr und mehr zugestehen muss, dass man die Spiele Warcraft 2 und Warcraft 3 schlecht miteinander vergleichen kann. Es tut weh, sich eingestehen zu müssen, dass die Weiterentwicklung von Warcraft 2 doch eher Starcraft heißt. Was um so betrüblicher ist, wenn man (wie ich) eher dem Fantasiebereich zugänglich ist, als einer kalten und dunklen Siencefiction-Welt, dumm gelaufen.

Doch zurück zu Warcraft 3. Es beinhaltet natürlich auch eine Menge an tollen und neuen Ideen. Zum Beispiel gefällt sehr der Tag/Nacht-Zyklus, welcher nicht nur ansprechend umgesetzt wurde, sondern auch strategische Aspekte mit sich bringt, prima! Auch die Rollenspielelemente tragen natürlich viel zum Reiz von Warcraft 3 bei. Hinzu kommt, dass wirklich alle vier Rassen liebevoll ausgearbeitet sind und mit teilweise grundverschiedenen Eigenheiten aufwarten. Als Warcraft 2 Spieler kommt man zu Beginn am besten mit den Humans zurecht, da erkennt man viele Dinge wieder. Bei den Orcs ist dann schon mehr umgestellt wurden und die Nachtelfen und Untoten liefern ein völlig neues jeweils einzigartiges Spielgefühl. 

Kurz zum akustischen Teil von Warcraft 3 sei angemerkt, dass auch hier wieder viel darauf wert gelegt wurde zur Spielatmosphäre beizutragen. Dass, was bei Warcraft 2 gefallen hat, ist also zum Glück nicht dem Fortschritt zum Opfer gefallen, sondern fast jede Einheit gibt wieder stimmungsvolles Feedback und das ist gut so, dass macht Spaß.

Zum Opfer gefallen ist allerdings der gesamte Bereich der Wassereinheiten. Der Umstieg bzw. das Anfreunden mit Warcraft 3 dürfte den Wasserratten von Warcraft 2 daher um so schwerer fallen. Sicher gibt es nun ein paar Flugeinheiten mehr, doch diese erzwungene Kürzung von Abwechslungsreichtum bringt wohl eindeutig nicht mehr Spielspass mit sich.

Überhaupt sind es einige Zwangsmaßnahmen in Warcraft 3, welche einen bitteren Beigeschmack haben. Stichwort Creeps - neutrale Einheiten mit zum Teil enormen Kräften bewachen Expansionsminen und andere Passagen. In Zusammenhang mit dem fest vorgegebenen Startgebäude ergibt sich so beim Spielstart eine Eröffnungsarmut an Möglichkeiten und Taktiken, in den ersten Minuten ist absolute Flaute – keine Gefahr wie in War2, dass vielleicht ein Peon vorbei kommt oder so. Überhaupt sind frühe Angriffe mit nur 2 bis 3 Einheiten absolut sinnlos, schade.

Auch die Sammlung von Ressourcen gestaltet sich sehr zäh, da hier im Gegensatz zu Warcraft 2 ziemlich „komische“ Beschränkungen auferlegt wurden. So bringen zum Beispiel nur max. 5 Peons „gleichzeitig“ an einer Mine Gold zutage – würde man mehr hinschicken, würden diese sich dann nur langweilen. Dieser zähe Ressourcenabbau schlägt sich leider auch auf den Spielfluss nieder. Eine Dynamik von Warcraft 2 wird niemals erreicht. 

Zu guter letzt ist es natürlich wieder der Multiplayer-Teil, welcher auch Warcraft 3 zum Blizzard-Dauer-Brenner werden lassen wird. Schon die Chat-Oberfläche fürs Battle.Net wurde nicht nur grafisch, sondern auch funktionell erweitert. Auch gibt es zahlreiche Wege ein Spiel zu kreieren, so gefällt zum Beispiel die Möglichkeit ein Team zusammenzustellen und dann automatisch durch den Battle.Net-Server ein gleichwertiges Gegnerteam suchen zu lassen. Auch im Spiel selbst bieten zum Beispiel die Tauschmöglichkeiten von Ressourcen oder die Steuerbarkeit befreundeter Einheiten interessante Neuerungen.

Unterm Strich wiegen die Neuerungen in Warcraft 3 in meinen Augen nicht die Schwächen auf. Sicher als Abwechslung mal eine Partie Warcraft 3 – da werde auch ich nicht nein sagen, aber der Spaß- und Strategiefaktor von Warcraft 2 wird auf keinen Fall übertroffen. Wie bei anderen neueren Strategiespielen auch, ziehen sich Online-Schlachten bei Warcraft 3 ewig in die Länge und erreichen dabei "leider" nicht die Lebendigkeit eines Warcraft 2.


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